31.01.2007 von Julius

Wer braucht schon originale Viagra?

Wenn wir heute im Internet unterwegs sind, dann wird man förmlich zugeschüttet mit seriösen und unseriösen Angeboten.

Werkzeug - günstig aus China, Handtaschen - billig aus Thailand, Duty-free-Zigaretten – verlockend gering im Preis aus Moldawien und vieles mehr.

Immer mehr jedoch finden wir auch Offerten, die uns, oft nur zu einem Bruchteil des Preises einer deutschen Apotheke, Medikamente anbieten.

Und da der Markt immer sehr schnell auf bestimmte Veränderungen oder besonderen Ereignissen reagiert (z.B. die Vogelgrippe in Asien), stehen wir vor eine Flut von Angeboten zur Grippemedikamenten (z.B. Tamiflu) Und mal abgesehen von der Tatsache, daß nicht wenige Wissenschaftler und Mediziner in diesem speziellen Fall des Tamiflu vor der Einnahme warnen oder es als Placebo bezeichnen, stell sich uns die Frage:

 

Sind die Medikamente in Deutschland wirklich einfach nur zu teuer oder stimmt etwas nicht mit den Web-Angeboten?

Wir haben den Versuch unternommen, herauszufinden, warum denn einzelne Angebote so unschlagbar günstig sind. Und ein besonders hart umkämpfter Markt scheint dabei der Bereich der sogenannten „Potenzmittel“ zu sein. Erectile Dysfunktionen stellen wohl eine besonders gute Basis für immense Gewinne dar. Und deshalb werden diese Medikamente intensiv im Internet beworben.

Ob nun Cialis (Eli Lilly), Viagra (Pfizer) oder Levitra (Bayer/Glaxo/Schering), auf tausenden (ja, wirklich tausenden!) Internetseiten, teilweise dubioser Herkunft werden diese Mittel angeboten. Die Preisspannen, die dabei auftreten, sind so groß, daß man diese kaum noch bewerten kann.

Die günstigsten Angebote lagen bei 0,61 USD je Tablette (20 mg Wirkstoff), was gerade mal 48 Eurocent sind, die teuersten bei mehr als 18 € bei einem gleichen Wirkstoffgehalt. Hier liegt also der Faktor 37 zwischen zwei Angeboten zu ein und demselben Produkt.

Irgendetwas konnte nicht stimmen!

Wir haben uns verschieden Produkte aus dem Internet bestellt, diese erhalten und sind damit zu den Herstellern der Marken gegangen (in unserem Falle Eli Lilly) und haben diese Produkte im Labor untersuchen lassen.

 

Bereits an den Chargennummern (siehe Foto) konnten die Fachleute erkennen, daß die besonders günstigen keine Originalprodukte waren. Wir hatten es also mit Fälschungen und nicht mit Generica zu tun. Generica sind Medikamente, die als wirkstoffgleiches Nachahmepräparat zu Markenpräparaten auf dem Markt sind. Es soll (muß) dem Originalprodukt therapeutisch gleich sein.

 DIe Chargen-Nummer erkennen Sie rechts auf der Verpackung

Verpackung der gefälschen Medikamente;

rechts sieht man die Chargen-Nummer, in diesem Fall natürlich auch falsch!

 

tl_files/content/delivery 29-05-2007 LOT-number.jpg

Blister der gefälschen Cialis;

Am oberen Rand erkennt man die geschickt gefälschte LOT-Nummer

Nein, in diesem Falle hatten wir also zwei Fälschungen vor uns. Nun wollten wir gern wissen, wie hoch denn der Wirkstoffanteil in diesen falschen Cialis-Tabletten gewesen ist und ob es denn andere Besonderheiten festzustellen gäbe.

In der ersten untersuchten Charge schwankte der Wirkstoffgehalt zwischen 3,5 und 14,1 mg (laut Aufdruck sollten 20 mg enthalten sein). Hier hätte ein Mann vielleicht seine frohen Erwartungen hinsichtlich der Wirkung der Tablette nur sehr bedingt bestätigt bekommen. Möglicherweise betrübt, aber die Einnahme ohne Schaden überstanden!

Ganz anders bei der zweiten Charge.

Hier hätte die Einnahme, unter bestimmten Voraussetzungen, zu einem hohen gesundheitlichen Risiko führen können! Die ermittelten Werte für den Wirkstoff Tadalafil lagen bei 320 mg! Das ist die 16-fache der eigentlich angegebenen Menge! Was durch eine derartige Überdosierung passieren kann, ist nicht ungefährlich.

So werden z.B. bei szenebekannten Kombinationen von organischen Nitriden und Viagra, Levitra oder Cialis die bereits vorherigen Risiken (z.B. dramatischer Abfall des Blutdruckes) extrem verschärft! Dies könnte lebensbedrohliche Situationen hervorrufen und bis zum Tod führen.

 

Der nächste Schritt, den wir gehen wollten, war herauszufinden, wer diese Medikamente wirklich vertreibt und wo diese hergestellt werden.

Also sind wir erst mal der Spur des Geldes gefolgt.

Wie so oft hatten wir unsere Potenzmittel im Netz per Kreditkarte bezahlen müssen. Es ist so schön anonym und eine Überweisung nach dem Erhalt einer Rechnung war ja nicht möglich. Nach Gesprächen mit unserem Bankberater fanden wir heraus, daß unser Cialis-Geld auf ein Konto eines Schweizer Kreditinstitutes geflossen war.

Im verschlafenen Ort Oberuzwil im Kanton St.Gallen, genau zwischen Bodensee und Zürichsee gelegen, befindet sich die Ersparnisanstalt Oberuzwil. Und hier besitzt ein Schweizer Staatsbürger, nennen wir in Sandro W., ein Konto. Und dieses Konto füllt sich immer mehr mit kleinen Beträgen. Hier zweihundert Euro, dort nur 80 Euro. Aber, wie heißt es so schön: Kleinvieh macht auch Mist! Und so sind allein in den letzten Monaten Hundertausende von Euro auf diese Konto gewandert, erzählt uns ein Insider. Jetzt wussten wir zumindest schon, wohin das Geld fließt, aber immer noch nicht, wer davon profitiert!

Sandro - sicher. Aber ist er der Einzige? Oder ist er vielleicht nur ein kleiner Teil einer viel größeren Kette? Und dann erfuhren wir, daß regelmäßig größere und kleinere Mengen des Geldes transferiert wurden. Nach Thailand, auf ein Konto eines Herren Roland W. bei einer Filiale der Bank of Ayudhya in Pattaya.

Wir flogen also nach Thailand und suchten Herrn W. dort auf. Natürlich, so sagte uns Herr W, bekommt er von einem nahen Verwandten so etwas wie eine Rente. Mal etwas mehr, mal etwas weniger (nach unseren Recherchen zwischen 5.000 und 20.000 Schweizer Franken pro Monat). Aber er hätte natürlich überhaupt nichts zu tun mit Geschäften mit gefälschten Medikamenten.

Die Emails, die wir mit der Internetseite ausgetauscht hatten, kamen aber von einem Server des Thailändischen Kommunikationsanbieters Loxley Information Company Ltd. Und die geografische Adresse befand sich auch in Pattaya. Nun betreibt der Herr W. in dieser Stadt ein kleines Restaurant und ist leiert mit einer Einheimischen.

Auch die Luftpostbriefe, mit denen uns die Tabletten zugesandt worden waren, kamen aus Banglamung Chonburi, also der Gegen um Pattaya. Absender war mal ein Notariat Christian Balmer und dann Schäfers Reiseservice. Leider gab es an den jeweiligen Adressen weder ein Notariat oder einen Herrn Christian Balmer noch ein Reiseservice eines Herrn Schäfer.  

Nun fanden wir heraus, daß für dieses Konto bei der Bank of Ayudhya in Pattaya ein Mann mit dem Namen Andrew B. eine Verfügungsgewalt hatte.

Überrascht waren wir dann, daß genau unser Herr W. eine Pass (whrsl. gefälscht?) mit diesem Namen besitzt und somit Zugriff auf des Geld aus der Schweiz hat.

Zum Kauf der gefälschten Tabletten standen wir im Kontakt mit einem Unternehmen aus Hong Kong. Dieses Unternehmen firmierte unter dem Namen der Website, die diese Medikamente anbot. Unsere weiteren Recherchen brachten zu Tage, daß für die technologischen Abläufe bei der Herstellung (Fälschung) der Tabletten, ein(e) Dr. Ann Suwanee zuständig ist. Diese Person war auch der Eigentümer der Webseite und als Bürger von Hong Kong auch eingetragener Shareholder dieser Firma, natürlich gemeinsam mit Herrn W. Leider war es uns nicht möglich, diese(n) Dr. Suwanee in Pattaya ausfindig zu machen. Aber auch der von diesem Beteiligten benutzte Laptop loggte sich über den örtlichen Server von Loxley Information Company in Pattaya ein.

Und unsere Quellen bestätigten uns, das Herr W. eingen Kontakt mit einem Herrn Suwanee haben soll. Dieser lebt jedoch in Hong Kong und dort finden wir auch die Firma und dort ist auch die Website registriert.

Es passte alles:

Das schmutzige Geld fließt nach Thailand!

Die falschen Pillen werden aus Thailand versandt!

Das Geld wir in Thailand abgeholt!

Besuche erfolgen aus Hong Kong in Pattaya!

Dies alles konnte wohl nichts anderes bedeuten, als daß die Fälscherwerkstatt hier irgendwo sein mußte.

Aber wo, war die Frage?

 

Dies lesen Sie bitte im zweiten Teil unseres Berichtes!

jj

Die Wege der Zigarette sind unergründlich (?) »

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