18.05.2010 von Jörg Julius

Der "Schwarze Markt" und die Martwirtschaft

out of former ARROWS1-Blog

 

Die heutige und die vergangene Marktwirtschaft folgt geschriebenen und ungeschriebenen Gesetzen.

Simplizität im eigentlichen Sinne:

Auf der einen Seite besteht ein Bedarf (und wenn er nicht besteht, dann versucht man diesen Bedarf zu erzeugen) und auf der anderen existiert ein Hersteller, der diesen Bedarf bedienen kann.

Zwischen Hersteller und Konsument steht (in der Regel) ein Händler als dritte Partei.

Der Markt ist komplett.

Diese, sicherlich oberflächliche und unvollständige Beschreibung soll uns für jetzt genügen.

Wenn wir nun gemeinsam versuchen, einen Schritt in die Welt der „Schwarzen Märkte“ zu tun, natürlich nur gedanklich, dann werden wir feststellen, dass hier genau die gleichen Gesetze gelten!

Ein Bedarf benötigt jemanden, der diesen befriedigt. Die zwei Seiten des Marktes.

 

Welche Motivlage finden wir nun auf beiden Seiten dieser illegalen Geschäfte?

Schauen wir uns den Konsumenten an.

Jemand möchte etwas zu einem Preis erwerben, der für ihn als Kunde erschwinglich bzw. signifikant günstiger ist (z.B. geschmuggelte Zigaretten, gefälschte Markenprodukte, das Bad gefliest ohne Umsatzsteuer....). Wie auch immer: Der Kunde hat einen Bedarf und dieser erwächst aus seinem Motiv. Das Motiv wiederum ist Ergebnis seiner realen, sozialen und materiellen Umwelt, seiner Stellung im gesellschaftlichen Gefüge.

 

Schauen wir uns nun den „Lieferanten“ an:

Er will Geld verdienen oder irgendeinen anderen, in der Regel materiellen Vorteil aus diesem Geschäft erlangen. Also der Zwang, der Drang oder die Gier nach Geld.

Um es auf einen Punkt zu bringen:

Der eine will sein Portemonnaies schonen, der andere will sein Portemonnaies füllen – also Marktwirtschaft!

Der einzige Unterschied zum legalen Markt ist die Umgehung und die Verletzung gesellschaftlicher Normen, festgelegt durch gesetzliche Rahmenbedingungen.

Durch ihre nichtgesetzeskonforme Aktivitäten werden „Lieferant“ und „Kunde“ in den Augen des Staates, als exekutive Instanz,  zu Kriminellen, Außenseitern, nicht in die Gesellschaft integrierten Personen.

 

 Warum, so stellt sich die Frage, erreicht dann allein die illegale Schattenwirtschaft (in der Regel Schwarzarbeit und Underreporting) in Deutschland ein Volumen von geschätzt 300 - 350 Mrd. Euro?

Warum werden Jahr für Jahr allein in Deutschland wissentlich mehr als 20 Mrd. unversteuerte Zigaretten konsumiert?

Warum erwirtschaften Fälscher von Medikamenten weltweit mehr als 90 Mrd. US$ jährlich?

Die Frage ist eigentlich recht einfach zu beantworten:

 

Unsere ungerechte Gesellschaft, die uns in Arme und Reiche spaltet, ist die Ursache für derartige Entwicklungen. Und vor allem die äußerst ungerechte Verteilung des gemeinsamen erarbeiteten, gesellschaftlichen Reichtums.

Und die Gesellschaft tut alles, diesen Zustand zu erhalten.

Solange uns die Medien suggerieren, was gut und schlecht für uns ist, solange wir uns gegenseitig an Statussymbolen messen, solange die Ärmsten der Armen in Afrika und anderswo keine Chance zu einen selbstbestimmten Leben bekommen – solange werden wir mit diesem Problem leben müssen. Ob wir wollen oder nicht!

 

Aber wer hat hier eigentlich ein Problem?

 

Allein die Umsatzsteuer für die „schwarz“ erbrachten Dienstleistungen und Produkte dürfte im Bereich von 30 bis 35 Mrd. Euro liegen.

Rechnet man nun noch, rein statistisch, eine entgangenen Einkommensteuer in der Größenordnung von ca. 14 Mrd. hinzu und die entgangene Gewerbesteuer in ähnlicher Höhe, dann dürfte der Gesamtschaden für den Staat und die Kommunen knapp 60 Mrd. Euro betragen. Ein fetter Brocken.

Also ist der Staat der Betroffene? Wohl wahr, aber nur zum Teil, denn die fehlenden (Steuer-) Einnahmen müssen ja kompensiert werden durch ALLE Steuerzahler! Also der Arbeiter am Fließband oder die Krankenschwester beim Landarzt zahlen genauso für diesen Ausfall, wie der mittelständige Unternehmer oder der Handwerker um die Ecke.

Also haben wir auch ALLE damit ein Problem!

 

Nun können unsere Politiker gewiss versuchen durch noch mehr Verordnungen und Gesetze, durch personelle Aufstockung der Strafverfolgungsbehörden, also durch mehr Restriktion das Volumen des Schwarzen Marktes zu reduzieren. Aber alle diese Maßnahmen werden nicht zum Erfolg führen, bis die Ursachen für derartige illegale Aktivitäten nicht beseitigt worden sind.

Und diese liegen in der Gesellschaft selbst!

Wenn niemand mehr geschmuggelte und unversteuerte Zigaretten kaufen muß, weil sein Einkommen nicht führ die legalen ausreichend ist, dann wird der Schwarze Markt für Zigaretten austrocknen und die 400 Vietnamesischen Strassenhändler in Berlin werden arbeitslos!

Wenn niemand mehr seine Wohnung vom Maler schwarz renovieren läßt, weil er sich die Umsatzsteuer sparen muß, dann wird auch kein Maler mehr schwarzarbeiten.

 

Wenn wir anfangen, den gesellschaftlichen Reichtum nur halbwegs gerecht zu verteilen, dann werden wir diesen kriminellen und gesellschaftsfeindlichen Aktivitäten, die wir in der Schattenwirtschaft und den Schwarzmärkten finden, den Nährboden entziehen. Alles andere ist nur Flickschusterei!

 

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Kommentar von Theo23 |

Liebe ARROWS-Redaktion,
Ein sehr politischer Beitrag. Aber was ist mit der Gier der Menschen nach Geld? Liegt vielleich hier auch eine Ursache für Kriminalität und Korruption?

Kommentar von ARROWS1 |

Lieber Theo23,
Natürlich stimmen wir Ihnen zu, wenn Sie private Bedürfnisse, Einstellungen und Denkweisen, also menschliches Verhalten in seiner Komplexität, auch als eine Ursache von Kriminalität und Ungerechtigkeit in der Gesellschaft anführen. Gesellschaft besteht aus Menschen, die gemeinsam, sozial (also gesellschaftlich), handeln. Dadurch wird die Struktur, der grundlegende Charakter und die Interaktion mit anderen Gesellschaften bestimmt. Sie dürfen jedoch nicht vergessen, daß die Gesellschaft AUCH auf das Individuum zurück wirkt! Und wenn die Gier nach Geld und Macht UNSERE Gesellschaft bestimmen sollte, dann müssen wir uns überlegen, ob dies der Sinn und das Ziel unseres Zusammenlebens sein kann. In Deutschland, der EU, weltweit!
Ihre Redaktion

Kommentar von H. Rieder |

Persönliche Moralvorstellungen und Ansichten über die Gerechtigkeit sind zwar individuell aber gesellschaftlich bedingt als Ergebniss einer Interaktion zwischen dem Individuum und der Gesellschaft (Erziehung, Erfahrungen, ...)
Somit ist jeder Mensch, in der einen oder anderen Art und Weise immer auch ein SPiegelbild der Gesellschaft!