07.09.2012 von Jörg Julius

Illicit Whites - Die neue Macht auf dem Zigaretten-Schwarzmarkt

Warum Jin Ling nicht die Einzige ist

Die jährlich durchgeführte KPMG-Studie zum Konsum in Deutschland unversteuerter Zigaretten (auch basierend auf den Ipsos-Hochrechnungen) weist ein Volumen von 11 bis 16 Mrd. Zigaretten aus.

Nach unseren eigenen Recherchen dürfte diese Zahl erheblich höher liegen.

Die von uns in NRW erhobenen Zahlen haben ergeben, dass allein in diesem Bundesland jährlich mehr als 5 Mrd. illegale Zigaretten geraucht werden.

 

Während in den späten 90-ern und zu Beginn des neuen Jahrtausends die Anzahl der illegal eingeführten Markenzigaretten (Contrabands) und gefälschte Zigaretten den übergroßen Hauptteil des Schwarzmarktes ausmachten, wandelte sich mit der illegalen „Markteinführung“ der russischen Jin Ling (Hergestellt im der Baltischen Tabakfabrik in Königsberg- die Redaktion) das Bild zu Gunsten der sogenannten Illicit Whites.

Unter dieser Art von Tabakware versteht man in den Herstellerländer legal produzierte und registrierte Zigaretten, die jedoch keinerlei markenrechtliche Zulassung außerhalb dieser Länder haben.

Am Beispiel der Jin Ling heißt dies:

In Russland darf diese Zigarette jederzeit und überall legal verkauft werden. Innerhalb der EU gibt es jedoch kein Land, in dem eine Steuerzulassung und Markenregistrierung für diese Zigarette vorliegt. Hier dürfen diese Zigaretten somit nicht verkauft werden, da auch keine Steuerbanderolen durch die Hersteller erworben wurden. Sowohl die Einfuhr, der Verkauf und auch der Erwerb sind strafbar.

Bis heute hat sich sukzessiv der Anteil dieser Illicit Whites (für die es eigentlich noch gar keine allgemeingültige Definition gibt!) am Gesamtvolumen des Schwarzmarktes erhöht.tl_files/content/yesmoke-20er Box.jpg

Heute jedoch ist es nicht nur die Marke Jin Ling die illegal durch im Dunkeln oder auch offen agierende Händler (z.B. Vietnamesische Straßenverkäufer in Berlin) an die Kundschaft gebracht wird. Heute heißen die Marken FEST, 821, Em@il, Futura, Yesmoke (sieh Foto) und viele andere mehr und kommen, nicht wie die Jin Ling von außerhalb der EU sondern aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union!

Unternehmen wie M.I.T. (MANIFATTURA ITALIANA TABACCO S.P.A. - Hersteller der Marke Em@il) und Yesmoke S.p.A. mit ihrer Marke "Yesmoke" in Italien sollten sich schon die Frage gefallen lassen, wie ihre Produkte illegal nach Deutschland, Frankreich und Großbritannien geschmuggelt werden und ob sie nicht indirekt oder vielleicht auch direkt daran beteiligt sind.

 

Beschäftigt man sich mit den Hintergründen dieser Entwicklung, und thinkstep. hat dies getan, dann können wir einfache Ursachen für eine Umorientierung der organisierten kriminellen Strukturen feststellen:

 

  1. Contrabands, also geschmuggelte Originalzigaretten der großen Tabakkonzerne, werden argwöhnisch von den Markeninhabern beobachtet. Hier besteht auch eine, mehr oder weniger, reale Zusammenarbeit zwischen der Industrie und den Strafverfolgungsbehörden. - schlecht für die Schmuggler
  2. Gefälschte Zigaretten stehen im besonderen Fokus der Zigarettenindustrie. Mit derartigen Produkten wird nicht nur ihr Anteil am Zigarettenmarkt beschnitten, sondern möglicherweise auch die Akzeptanz und das Image einer Marke beschädigt - schlecht für die Schmuggler
  3. Illicit Whites sind kaum in Focus der Tabakindustrie, denn mit diesen werden ja keine Markenrechte verletzt. Auch dies ist eine Ursache, die dazu führte, daß die Jin Ling teilweise über vier Prozent Marktanteil am deutschen Zigarettenmarkt hatte, obwohl sie illegal war! - gut für die Schmuggler
  4. llicit Whites, produziert innerhalb der Europäischen Union bedeutet gleichzeitig, daß jeglicher Transport faktisch ohne Kontrollen abläuft! - gut für die Schmuggler

3.

Hier ist die Europäische Union und vor allem O.L.A.F., das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, gefordert, sich dringend mit dieser Problematik auseinandersetzen.

Eines der Kriterien, die derartige Schmuggelaktivitäten fördern, ist das gemeinschaftliche Europäische Zollversandverfahren.  Alles was die illegalen Händler noch zur unproblematischen Abwicklung ihrer dunklen Geschäfte benötigen, ist die „hilfreiche Unterstützung“ eines Zoll-/Grenzbeamten außerhalb der Europäischen Union der durch Bestätigung der Ausfuhr dieses Verfahren abschließt. Und schaut man sich die finanziellen und ökonomischen Rahmenbedingungen und das Ausmaß an Korruption in einigen europäischen Grenzländern (z.B. Ukraine, Weißrussland, Moldawien) an, dann fällt es den Schmugglern nicht schwer, hier hinsichtlich eines „unterstützenden“ Beamten fündig zu werden.

Somit ist es auch völlig verständlich, dass mehr als 20 Mrd. illegale Zigaretten (keine Duty-Free Ware!) den deutschen Schwarzmarkt erreichen und hier abgesetzt werden können.

Die dabei durch Zoll und Polizei festgestellten und beschlagnahmten Mengen sind verschwindend gering und betragen weniger als 1 Prozent!

Der Steuerschaden, hervorgerufen durch diese unversteuerten Zigaretten, beträgt nach unserer Schätzung allein für Deutschland mehr als 5 Mrd. Euro jährlich.

Hier sind nicht nur die Strafverfolgungsbehörden gefragt, hier sind vor allem die Politiker in der Bundesregierung und auch im Europäischen Parlament gefordert.

Nicht nur zum Schutz der Steuerzahler, sondern vor allem auch zum Schutz der Konsumenten, die hier ja zum Teil auch Jugendliche sind. Denn auf dem Schwarzen Markt gibt es kein Jugendschutzgesetz.

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